 
Ende 1974 spielten HENRY COW mit dem Trio SLAPP HAPPY die LP "Desperate Straights" ein, die Virgin 1975 veröffentlichte.
Die Kooperation beider Gruppen hatte schon 1973 begonnen. Chris CUTLER und Geoff LEIGH, schließlich die gesamte HENRY COW-Mannschaft hatten die SLAPP HAPPY (Anthony MOORE, Peter BLEGVAD und Dagmar
KRAUSE, frühere Sängerin der Hamburger CITY PREACHERS) bei der Interpretation ihres Materials unterstützt, so bei
verschiedenen Virgin-Einspielungen und auf vier Tracks, die SLAPP HAPPY für John
PEELS "Top Gear"-Programm aufgenommen hatten. Bei der Produktion entdeckten beide Gruppen eine Fülle neuer Möglichkeiten, und sie beschlossen, ihre gemeinsame Arbeit fortzusetzen.
 
Chris Cutler am Schlagzeug.
Fred Frith, Chris Cutler live.
Ihre Kooperation mündete in die LP "In Praise of Learning", die HENRY COW / SLAPP HAPPY im Februar bzw. März 1975 aufnahmen. Das Material schrieben
im wesentlichen HENRY COW- Leute. Die Musik ist experimenteller. Auf dem Cover
ist wieder der von "Legend" und "Unrest" bekannte, scheinbar aus Draht geflochtene Socken
abgebildet. HODGKINSON schreibt und vertont "Living In The Heart Of The
Beast", eine 15-minütige Kapitalismus-Kritik und Intellektuellen-Schelte. In den Songs
manifestierte sich eine neue Etappe der Evolution der HENRY COW, in die verschiedene Erfahrungen eingehen: sowohl die gemeinsamen mit Virgin bzw. den Mechanismen des Musikgeschäftes als auch die persönlichen.

BLEGVAD und MOORE verließen noch vor Veröffentlichung der Platte die Gruppe,
da sie andere Vorstellungen über das musikalische Material und die gemeinsame zukünftige
Arbeit hatten. COOPER und KRAUSE wurden feste Band-Mitglieder. SLAPP HAPPY lösten sich damit auf.
"In Praise of Learning" brachte den HENRY COW die letzten 1500 Pfund Vorschuss von
Virgin. Diese Plattenfirma hatte seit 1973 eine immense Wandlung durchgemacht,
die mit dem überraschenden Erfolg von Mike OLDFIELD's "Tubular Beils"
verbunden war, von denen zwischen 5 und 8 Millionen Tonträger abgesetzt wurden.
Virgin Records verloren ihre Identität als das Label der progressiven oder experimentellen Rockmusik.

Seitdem hatten HENRY COW den Ruf einer Avantgarde-Combo und offensichtlich (d. h. auf Grund der Verkaufszahlen der vorhergehenden Platten) kein kommerzielles
Potential mehr. Ihren letzten realen Kontakt mit Virgin hatte die Gruppe Mitte 1975, als sie mit zwei weiteren
Virgin-acts (Robert WYATT und GONG) in Rom auftreten sollten. Sie hatten zwischenzeitig einen Bus angeschafft, in dem sie schliefen und kochten; damit
erhöhten sie ihre Mobilität und Unabhängigkeit. Ihre Tourneen gewannen etwas Nomadenhaftes. Das hatte seine Reize, war aber auch kein Zuckerschlecken; immerhin tourten sie auf diese Art 1975-1977 fast durchgehend: Außer Italien in Spanien, Frankreich, der Schweiz, Holland, Belgien und Skandinavien.
Dass die Gruppe diese Zeit ohne größere Differenzen überstand, resultiert ohne Zweifel auch aus der demokratischen Struktur der HENRY
COW, die keine Privilegien kennt, sondern alle (Musiker, Fahrer, Soundengineer ) gleich behandelt.
   
Chris Cutler und Dagmar Krause, 2 x Tim
Hodgkinson und Lindsay Cooper. 1976 veröffentlichten sie ihre letzte Virgin-LP auf deren Billigpreis- und Experimental-Label Caroline: eine Doppel-LP mit dem Titel "Henry
Cow Concerts", die Mitschnitte verschiedener Konzerte in den Jahren 1974 und 1975 enthielt (u. a. von der Holland-Tournee 1974 und einem Londoner Konzert mit Robert
WYATT). Die gesamte Auswahl und Produktion dieser Veröffentlichung realisierte die
Gruppe selbst. Im März 1976 stieg John GREAVES aus, da die ständigen Tourneen
nicht seine Sache waren. Er spielte im gleichen Jahr mit Peter BLEGVAD, Lisa HERMAN, Carla
BLEY und Mike MANTLER.

Im Mai 1976 musste Dagmar KRAUSE aus gesundheitlichen Gründen zunächst aussteigen. So tourten
sie in Skandinavien nur als Quartett - mit HODGKINSON, CUTLER, COOPER und FRITH. In den Konzerten führten sie ein zweistündiges, improvisiertes Stück auf, mit dem sie die Genesis von Musik, Ritual und westlicher Kultur ("Western Culture") darzustellen versuchten.
Dieser Schritt kostete sie ihre Popularität, da ihr Publikum auf die Live-Version eines ihrer Klassiker gierte.

Nach der Skandinavien-Tournee fanden sie mit Georgie BORN (Bass, Cello) Ersatz für
GREAVES. Sie waren damit drei Männer und drei Frauen in der Band - eine Konstellation, die in der Rockmusik, die Frauen in der Regel ja nur als Sängerinnen oder besungene Objekte kennt, die Ausnahme ist.
In London organisierten sie mit anderen das "Music for
Socialism-May-77-Festival".

Während des gesamten Jahres verhandelten sie mit Virgin über eine Auflösung ihres Vertrages. Beide Seiten hatten Interesse
daran; Virgin, da die kommerziellen Erfolge der Gruppe nicht ihren Erwartungen entsprachen, und HENRY
COW, die sich in der kuriosen Lage befanden, fast nur im Ausland zu arbeiten, wo ihre Platten in wenigen Läden angeboten
wurden. Es ist ein teuflisches System: Für das Geld, das Virgin als Studiokosten der drei LPs reklamiert, hätte sich die
Gruppe ihr eigenes Studio-Equipment kaufen können. Summa summarum hatten sie also
im Jahr 1977 50000 Platten für Virgin verkauft, sich 24.000 Pfund "Schulden" eingehandelt und keinen Penny verdient.
  
Covers; "In Praise Of Learning" '75 Lp,
"Concerts" '1976 DoLp, "The Last Nightingale" '84 MLp. |